Materialbedarfsplanung mit Dispositionssufenverfahren
Mithilfe der Materialbedarfsplanung kannst du feststellen, wie viel Material du zur Herstellung deiner Produkte benötigst. Wir erklären dir das Vorgehen der Materialbedarfsplanung anhand des Dispositionsstufenverfahrens. Keine Lust mehr auf lange Texte lesen? Dann schau dir direkt unser Video zur Materialbedarfsplanung an und verstehe das Thema in nur wenigen Minuten.
Inhaltsübersicht
Materialbedarfsplanung einfach erklärt
Bei der Materialbedarfsplanung werden Entscheidungen auf kurze und mittelfristige Sicht getroffen. Bei dieser Planung beschäftigst du dich mit der Frage, wie viel Material du für die Herstellung benötigst. Du ermittelst bei der Materialbedarfsplanung die Art, Menge und Qualität deiner innerhalb einer Planungsperiode benötigten Materialien. Für diese Ermittlung wird das Dispositionsstufenverfahren und der Gozintograph verwendet. Ziel der Materialbedarfsplanung ist es, eine kostenoptimale Versorgung mit Materialien zu erreichen. Das Optimum besteht darin, dass nur so viel Material auf Lager liegt, wie es kurzfristig benötigt wird. So können beispielsweise deine Lagerhaltungskosten gering gehalten werden.
Materialbedarfsplanung Berechnung
Um die Materialbedarfsplanung besser zu verstehen, schauen wir uns direkt ein ausführliches Beispiel an. Wir nutzen hierfür das Dispositionsstufenverfahren und den Gozintographen. Im Beispiel nehmen wir nun an, dass du Zwei-Mann-Zelte produzierst und deine optimale Produktionsmenge zehn Stück beträgt.
Materialbedarfsplanung Beispiel: Primärbedarf und Sekundärbedarf
Zunächst solltest du den Unterschied zwischen Primärbedarf und Sekundärbedarf kennen. Beim Primärbedarf handelt es sich um die Produkte, die wir am Ende verkaufen wollen. Beispielsweise gehören deine produzierten Zelte oder auch Ersatzteile dafür zu deinem Primärbedarf. Nehmen wir an wir wollen neben den zehn Zelten noch zehn Ersatzheringe verkaufen. Auch diese kannst du zu deinem Primärbedarf dazu zählen.
Der Sekundärbedarf ist der Bedarf, den wir für die Produktion der Zelte benötigen. Zum Sekundärbedarf gehören also u.a. Schnüre, Stangen und Stoffbahnen.
Materialbedarfsplanung – Erzeugnisstruktur
Für die Materialbedarfsplanung musst du immer die Erzeugnisstruktur deiner Produkte kennen. Du musst also wissen, aus welchen Bestandteilen dein Zelt (Z) zusammengesetzt ist. Nehmen wir an es besteht aus zwei Stäben (St), einem Innenzelt (IZ), einem Außenzelt (AZ), zehn Heringen (H) und fünf Schnüren (Sch).
Um ein Innenzelt zu produzieren, brauchst du außerdem einen Reißverschluss (R), fünf Stoffbahnen (S), und vier Schnüre (Sch). Für ein Außenzelt benötigst du einen Reißverschluss (R), eine Plane (P) und vier wasserabweisende Stoffbahnen (WS). Die Erzeugnisstruktur wird in unterschiedlichen Arten von Stücklisten erfasst. Eine Art davon ist die Baukastenstückliste.
Baukastenstückliste
Erstellen wir also für unser Beispiel eine Baukastenstückliste, um die Erzeugnisstruktur zu erfassen.
Wie du im Bild erkennen kannst, ist in der Baukastenstückliste jedes Produkt und jedes Zwischenprodukt aufgelistet. Die Struktur dieser Stückliste dient also dem gleichen Zweck wie ein Baukasten: den Inhalt so geordnet un übersichtlich wie möglich darzustellen. Für die Produkte werden außerdem die direkten Vorgänger und ihre Direktbedarfskoeffizienten angegeben. Aus der Baukastenstückliste kannst du nun in einem nächsten Schritt folgende Fertigungsstruktur ableiten.
Fertigungsstruktur in der Materialbedarfsplanung
In den Knoten befinden sich die Endprodukte, die Zwischenprodukte und das Produktionsmaterial. Die Pfeile geben die direkte Vorgänger-Nachfolger-Beziehung mit dem Direktbedarfskoeffizient an. Dein Endprodukt ist dabei immer in der Fertigungsstufe 0. Danach folgen Fertigungsstufe 1 und Fertigungsstufe 2.
Wird dir aus der Baukastenstückliste nicht klar, welches Produkt das Endprodukt ist, musst du einfach schauen, welches Produkt nicht in andere Produkte mit eingeht. Du siehst, dass das Innenzelt und das Außenzelt beim Zelt aufgelistet sind. Das Zelt kommt aber nicht im Innenzelt und im Außenzelt vor. Somit weißt du, dass das Zelt das Endprodukt ist und ganz oben in der Fertigungsstufe 0 steht.
Dispositionsstufenverfahren: Gozintograph erstellen
Jetzt lässt sich die Erzeugnisstruktur grafisch noch übersichtlicher mit einem Gozintograph darstellen. Diesen erhalten wir, indem wir gleiche Knoten zusammenführen und mit Dispositionsstufen statt mit Fertigungsstufen arbeiten. Die Dispositionsstufe ist die Stufe, in der das Produkt am weitesten vom Endprodukt entfernt ist. Wie sieht nun das Dispositionsstufenverfahren für das Zwei-Mann-Zelt graphisch aus? Gehen wir Schritt für Schritt vor. Dein Zelt befindet sich als Endprodukt ganz oben und damit in Dispositionsstufe 0. Jetzt müssen wir prüfen, ob die Stäbe in derselben oder der nächsten Stufe nochmal vorkommen.
Da dies nicht der Fall ist, ändert sich hier nichts. Genauso gehen wir für das Innenzelt, das Außenzelt, die Heringe und die Schnüre vor. Dabei stellen wir fest, dass die Schnüre in Stufe 2 nochmal vorkommen. Da die Dispositionsstufe eines Produkts ja der längste Weg zum Endprodukt ist, erfassen wir die Schnüre also erst in der nächsten Stufe. Den Rest können wir so übernehmen. Vergiss dabei nicht, die Pfeile mit den richtigen Direktbedarfskoeffizienten zu beschriften.
Jetzt fehlt nur noch die 2. Stufe. Am besten trägst du als erstes die Schnüre ein. Dabei musst du beachten, dass du zwei Pfeile zeichnen musst. Einer führt, wie im Fertigungsstufenmodell, auch zum Innenzelt, der andere führt ganz nach oben zum Zelt. Wie in Stufe 1, prüfen wir nun ob es Produkte gibt, die in Stufe 2 mehrmals vorkommen. Wir stellen fest, dass das nur für die Reißverschlüsse zutrifft. Wir führen die beiden Knoten also zu einem Knoten zusammen und zeichnen zwei Pfeile. Beim Rest ändert sich nichts. Du siehst, dass im Gozintograph jedes Produkt nur einmal genannt werden darf. So kannst du schnell kontrollieren, ob du etwas falsch gemacht hast.
Materialbedarfsplanung im Dispositionsstufenverfahren
Durch den Gozintograph allein weißt du aber immer noch nicht, wie viel Material du bestellen musst. Um das herauszufinden, legen wir nun in einem letzten Schritt eine Tabelle an. In dieser erfassen wir die Dispositionsstufe , die Produkte, den externen Primärbedarf , den Bestand , den Bruttobedarf und schließlich den Nettobedarf .
Mit externem Primärbedarf sind die Endprodukte und Ersatzteile gemeint, die wir am Ende verkaufen wollen. Wir wissen, dass das zehn Zelte und zehn Heringe sind. Der Bestand gibt die Produkte an, die wir noch auf Lager haben. Nehmen wir an, das sind ein Innenzelt, sechs Heringe, zwei Schnüre und drei wasserabweisende Stoffbahnen. Für den Rest der Tabelle gehen wir nun von oben nach unten und von links nach rechts vor.
Dispositionsstufenverfahren: Bruttobedarf und Nettobedarf
In der Dispositionsstufe 0 entspricht der Bruttobedarf dem Primärbedarf. Unser Bruttobedarf ist also zehn. Da wir noch zwei Zelte auf Lager haben müssen wir diese von den zehn abziehen und kommen so auf einen Nettobedarf von acht Zelten. Weiter geht’s mit den Stäben. In unserem Gozintograph sehen wir, dass wir zwei Stäbe pro Zelt benötigen. Da wir ja acht Zelte benötigen, erhalten wir so einen Bruttobedarf von 16. Da wir keine Stäbe auf Lager haben, ist auch unser Nettobedarf 16.
Für ein Zelt wird ein Innenzelt benötigt, somit brauchen wir also acht Innenzelte. Da wir ein Innenzelt auf Lager haben, kommen wir auf einen Nettobedarf von sieben Innenzelten. Die Berechnung der Außenzeltbedarfe funktioniert genauso, nur dass wir hier keinen Bestand auf Lager haben. Interessant wird es bei den Heringen. Hier musst du beachten, dass du zu den benötigten Heringen, die Ersatzheringe dazurechnen musst. Du siehst im Gozintograph, dass du für ein Zelt zehn Heringe benötigst.
So kommst du zunächst auf eine Summe von 80. Rechnest du jetzt noch die zehn Ersatzheringe dazu kommst du auf einen Bruttobedarf von 90. Da du noch sechs Heringe auf Lager hast, ergibt sich also ein Nettobedarf von 84 Heringen. In Dispositionsstufe 2 gehen wir genauso vor. Für ein Zelt benötigst du fünf Schnüre. Du multiplizierst also die fünf mit der acht. Du brauchst aber auch fünf Schnüre für das Innenzelt. Deshalb multiplizierst du die fünf mit der sieben, dem Nettobedarf an Innenzelten. Addierst du beides, kommst du auf einen Bruttobedarf von 68. Durch deinen Lagerbestand von zwei Schnüren, reduziert sich dein Nettobedarf auf 66 Schnüre. Genauso füllst du die restliche Tabelle aus. Am Ende kannst du deinen Nettobedarf an Material ganz einfach rechts in der Tabelle ablesen.