Auktorialer Erzähler
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Ein auktorialer Erzähler weiß alles über die Charaktere einer Geschichte. Hier erfährst du, woran du ihn erkennen kannst. Schau dir für einen schnellen Überblick direkt unser Video an!
Inhaltsübersicht
Was ist ein auktorialer Erzähler?
Der auktoriale Erzähler bezeichnet eine bestimmte Erzählperspektive . Erzählperspektiven beschreiben, aus wessen Sicht eine Geschichte erzählt wird. Du unterscheidest zwischen dem auktorialen Erzähler, dem personalen Erzähler , dem neutralen Erzähler und dem Ich-Erzähler .
Der auktoriale Erzähler blickt von außen auf die Geschichte. Das heißt, er ist nicht Teil der eigentlichen Handlung und die Charaktere kennen ihn auch nicht. Er hingegen kennt die Charaktere sehr gut: Ein auktorialer Erzähler weiß nämlich alles, was es in der Geschichte zu wissen gibt.
Er verschafft dir als Leser Einblicke in die Zukunft, die Vergangenheit und in die Köpfe aller Charaktere. Da er sich mit allen Fakten der fiktiven Welt – also der Welt, in der die Geschichte spielt – auskennt, nennst du ihn auch allwissender Erzähler.
Merkmale des auktorialen Erzählers
Autoren erschaffen Erzähler, damit sie dir helfen, dich besser in der fiktiven Welt zurechtzufinden. Wenn du allgemein beim Thema „Erzählperspektiven“ noch Hilfe brauchst, schau dir am besten unseren Übersichtsbeitrag dazu an!
Jede Erzählperspektive zeichnet sich durch inhaltliche und formale Eigenschaften aus. Hier findest du die Merkmale des auktorialen Erzählers im Überblick.
Inhalt
Die auktoriale Erzählperspektive zeichnet vor allem eines aus: Der Erzähler weiß einfach alles! Er ist kein Charakter in der Geschichte, sondern betrachtet sie mit etwas Abstand von außen. Dieser Abstand ermöglicht es ihm, viele Handlungsstränge gleichzeitig zu beobachten und dir zu beschreiben. Deshalb sprichst du auch von einer berichtenden Erzählweise.
Auktorialer Erzähler – Beispiel: Während Elisa an ihrem freien Tag immer noch im Bett lag, saß Alexander schon an seinem Schreibtisch, um zu arbeiten.
Darüber hinaus hat dieser Erzähler auch Zugriff zu den Gedanken und Gefühlen aller Charaktere. Dabei kann er zwischen den verschiedenen Perspektiven wechseln. So erfährst du immer sofort, was jeder einzelne Charakter in einer ganz bestimmten Situation denkt oder fühlt.
Auktorialer Erzähler – Beispiel: Alexander überlegte sich freudig, ob Elisa auch dieses Jahr wieder einen Schokoladenkuchen backen würde. Natürlich würde sie das, denn Elisa wusste, dass es sein Lieblingskuchen war.
Merke: Wenn ein Erzähler nur in die Gedanken und Gefühle eines bestimmten Charakters schauen kann, dann ist er ein personaler Erzähler! Alles Wichtige zu dieser Erzählperspektive erfährst du hier .
Der auktoriale Erzähler muss sich nicht auf das beschränken, was gerade eben in der Handlung vor sich geht. Er ist schließlich allwissend. Das beinhaltet auch, dass er durch Rückblenden in die Vergangenheit und durch Vorwegnahmen in die Zukunft schauen kann. Er kann dir also Geschehnisse aller Zeitstufen erklären.
Auktorialer Erzähler – Beispiel: Später würde Elisa Alexander mit einem selbst gebackenen Kuchen überraschen, so wie sie es an jedem seiner Geburtstage getan hatte.
Der auktoriale Erzähler ist über alles und jeden bestens informiert. Deshalb kann er sowohl die Handlungen als auch die Gedanken und Gefühle der Charaktere bewerten. Allerdings greift er niemals in das Geschehen ein. Diese Wertungen sind in der Form von Kommentaren direkt an dich als Leser gerichtet.
Auktorialer Erzähler – Beispiel: Wie du dir denken kannst, verging Alexanders Arbeitstag mit Gedanken an Schokoladenkuchen wie im Flug!
Wichtig: Auktorialer Erzähler und Autor sind nicht dieselbe Person! Der Autor hat sich den auktorialen Erzähler so wie alles andere in der Geschichte ausgedacht.
Form
Die meisten Erzählperspektiven erkennst du daran, welche Pronomen der Erzähler verwendet. Der auktoriale Erzähler beschreibt die fiktiven Personen mit den Personalpronomen der 3. Person, also er oder sie.
Auktorialer Erzähler – Beispiel: Als er nach Hause kam, war er überglücklich!
Wirkung des auktorialen Erzählers
Autoren wählen jeden Teil ihrer Geschichte sorgfältig aus. Als erstes machst du dir Gedanken, darüber, welche Art von Erzähler es in einem literarischen Text gibt. Danach überlegst du dir, welche Wirkung dieser Erzähler auf dich als Leser hat. Besonders bei einer Textinterpretation ist dieser Schritt sehr wichtig.
Es ist für dich als Leser einfacher, dich mit dem auktorialen Erzähler verbunden zu fühlen. Denn ihr zwei befindet euch sozusagen auf dem gleichen „Level“: Ihr beide seid nicht Teil der fiktiven Welt und könnte sie nicht beeinflussen.
Allerdings kann dich der auktorialen Erzähler beeinflussen. Denn der auktoriale Erzähler sagt seine Meinung über die Handlung oder einen bestimmten Charakter sehr deutlich. Und da du nur seine Perspektive kennst, bist du vielleicht dazu verleitet, ihm zuzustimmen. Doch Vorsicht: Manchmal schwindelt dich der auktoriale Erzähler auch an!
Auktorialer Erzähler – Beispiel
Du hast schon sehr viel über den auktorialen Erzähler gelernt. Das schauen wir uns anhand eines Beispiels aus der Literatur noch mal genauer an.
Der Roman „Anna Karenina“ von Lew Tolstoi beschäftigt sich mit verschiedenen Adelsfamilien im Russland des 19. Jahrhunderts. Gleich auf der ersten Seite begegnet dir ein auktorialer Erzähler:
Alle glücklichen Familien sind einander ähnlich; jede unglückliche Familie ist auf ihre Weise unglücklich. Im Hause der Oblonski herrscht allgemeine Verwirrung. Die Dame des Hauses hatte in Erfahrung gebracht, dass ihr Gatte mit der im Haus gewesenen Gouvernante ein Verhältnis unterhalten hatte und ihm erklärt, sie könne fürderhin nicht mehr mit ihm unter einem Dache bleiben.
Inhalt: Der auktoriale Erzähler weiß nicht nur über die Familie Oblonski Bescheid, sondern hat schon so viele Familien gesehen. Deshalb kann er eine allgemeine Aussage über glückliche und unglückliche Familien treffen. Er weiß, dass alle Anwesenden im Haus verwirrt sind. Und er kann dir erklären, welches Ereignis in der Vergangenheit zu diesem Zustand geführt hat.
Form: Es werden Pronomen in der 3. Person verwendet.
Wirkung: Der auktoriale Erzähler vermittelt dir von Anfang an die Bewertung, dass die Familie Oblonski unglücklich ist.
Auktorialer Erzähler — häufigste Fragen
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Was ist der auktoriale Erzähler?
Der auktoriale Erzähler wird auch allwissender Erzähler genannt. Er erzählt nicht aus Sicht einer Person, sondern aus Sicht von außen. Es ist fast so, als blickt er wie von oben auf das Geschehen und die Personen hinab.
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Wie ist die Wirkung vom auktorialen Erzähler?
Der auktoriale Erzähler wird auch allwissender Erzähler genannt, da er das Geschehen von außen beobachtet und sachlich beschreibt. Er weiß nichts über die Gefühlswelt der Personen, kann den Leser aber durch seine Kommentare leiten.
Auktorialer Erzähler und neutraler Erzähler
Der auktoriale Erzähler ist nicht die einzige Erzählperspektive, bei der sich der Erzähler außerhalb der fiktiven Welt befindet. Das ist beim neutralen Erzähler genauso. Allerdings ist der neutrale Erzähler genau das Gegenteil des auktorialen Erzählers: Er beschreibt nur, was von außen wahrnehmbar ist.
Wenn dir der Unterschied zum neutralen Erzähler noch nicht klar ist, dann schau dir am besten gleich unser Video dazu an!