Merkmale einer Kurzgeschichte
Eine Kurzgeschichte kannst du an ganz bestimmten Merkmalen erkennen. Welche das sind, erfährst du hier und im passenden Video dazu!
Inhaltsübersicht
Was ist eine Kurzgeschichte?
Eine Kurzgeschichte ist eine kurze Erzählform, die oft nur wenige Seiten lang ist. Sie zeigt oft einen entscheidenden Moment im Leben der Hauptfigur. Im Mittelpunkt steht dabei eine Alltagssituation, aber anstatt vieler Details konzentriert sich die Geschichte auf einen klaren Handlungsstrang.
Mit diesen Merkmalen kannst du Kurzgeschichten schnell erkennen:
Struktur und Aufbau | Inhaltliche Merkmale |
Geringer Umfang | Ein Handlungsstrang |
Direkter Einstieg | Alltägliche Situationen |
Chronologischer Ablauf | Kurzer Zeitraum |
Einfache Erzählweise | Konflikt und Wendepunkt |
Wenige Figuren und Orte | Offenes Ende |
Wichtig: Du findest nicht bei jeder Kurzgeschichte alle Merkmale auf einmal. Wenn ein Großteil davon erfüllt ist, handelt es sich meistens um eine Kurzgeschichte.
Merkmale von Kurzgeschichten
Kurzgeschichten haben typische Merkmale, sowohl im Aufbau als auch im Inhalt. In den nächsten Abschnitten schauen wir uns diese Merkmale genauer an.
Struktur und Aufbau
Kurzgeschichten haben oft einen gleichen Aufbau und ähnliche Strukturen:
✔️ Geringer Umfang: Kurzgeschichten sind wirklich kurz — oft nur zwei bis vier Seiten lang. Statt ausführlicher Beschreibungen konzentrieren sie sich auf das Wesentliche.
✔️ Direkter Einstieg: Du wirst direkt ins Geschehen geworfen. Es gibt keine lange Einleitung, die alles erst mal erklärt.
✔️ Chronologischer Ablauf: Die Geschichte spielt sich in genau der Reihenfolge ab, wie die Dinge passieren. Rückblenden kommen kaum vor.
✔️ Einfache Sprache: Die Sprache wirkt klar und sachlich — manchmal fast kühl. Erzählt wird meist in der dritten Person, aber auch Ich-Erzähler sind möglich.
✔️ Wenige Figuren und Orte: In der Regel triffst du nur ein oder zwei Personen, über die du nicht viel erfährst. Auch der Ort bleibt oft vage.
Inhaltliche Merkmale
Auch der Inhalt kann dir verraten, dass es sich um eine Kurzgeschichte handelt.
✔️ Ein Handlungsstrang: Alles dreht sich um einen einzigen Moment oder eine Entscheidung. Nebenhandlungen gibt es nicht.
✔️ Alltagssituation: Die Handlung zeigt etwas, das jedem passieren könnte.
✔️ Kurzer Zeitraum: Eine Kurzgeschichte beschreibt nur wenige Minuten oder Stunden. Manchmal spielt alles in einem einzigen Moment.
✔️ Konflikt und Wendepunkt: Irgendwo in der Geschichte spitzt sich ein Konflikt zu. Dieser Punkt bringt einen kritischen Wendepunkt (Pointe).
✔️ Offenes Ende: Das Ende von Kurzgeschichten kommt meist unerwartet und du erfährst nicht, wie es weitergeht. Der Leser soll selbst überlegen, was passieren könnte.
Lies die Kurzgeschichte zuerst komplett durch, ohne dir Notizen zu machen. So bekommst du ein Gefühl für den Ton und die Stimmung der Handlung.
Beim zweiten Lesen achtest du gezielt auf zentrale Merkmale: Gibt es einen Wendepunkt? Was ist der Konflikt? Und wie wirkt das offene Ende? Auch der Erzähler ist wichtig: Wer erzählt? Aus welcher Perspektive? Und welche Wirkung hat die Sprache?
Achte außerdem auf das, was nicht direkt ausgesprochen wird. In Kurzgeschichten wird vieles angedeutet. Überleg dir, welche Gedanken oder Gefühle zwischen den Zeilen stecken könnten. So kommst du dem eigentlichen Thema näher.
Wie erkennst du Kurzgeschichten? — Beispiele
Jetzt weißt du, woran du Kurzgeschichten erkennst. Damit du das Ganze auch praktisch anwenden kannst, schauen wir uns gleich zwei konkrete Beispiele an. Einmal „Das Brot“ und dann noch „Die Küchenuhr“ — beides Werke von Wolfgang Borchert.
„Das Brot“
Worum geht’s?
Ein älteres Ehepaar lebt im Nachkriegsdeutschland. Eines Nachts hört die Frau ein Geräusch in der Küche: Ihr Mann isst heimlich Brot. Am nächsten Abend gibt sie ihm wortlos ein Stück von ihrem eigenen.
Falls du „Das Brot“ selbst lesen willst, findest du den Text dazu hier.
Strukturelle Merkmale:
- Geringer Umfang: Die Geschichte ist nur eine Seite lang und konzentriert sich auf eine einzige Szene. Es gibt keine Abschweifungen oder Vorgeschichte.
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Direkter Einstieg: Du wirst sofort in das Geschehen geworfen: Mitten in der Nacht hört die Frau ein Geräusch in der Küche — der Text startet unmittelbar mit dem Konflikt.
- Chronologischer Ablauf: Die Handlung folgt einem klaren Verlauf. Alles passiert in der Reihenfolge, wie es erlebt wird. Rückblenden oder Zeitsprünge gibt es nicht.
- Einfache Sprache: Die Sprache ist schlicht: kurze Hauptsätze, einfache Wörter, kaum Ausschmückungen. Der Stil wirkt dadurch sachlich und distanziert.
- Wenige Figuren und Orte: Es treten nur ein Mann und eine Frau auf, über die du nicht viel erfährst. Die Handlung spielt dabei ausschließlich in der Küche und im Schlafzimmer.
Inhaltliche Merkmale:
- Ein Handlungsstrang: Die gesamte Geschichte dreht sich nur um den nächtlichen Vorfall: Der Mann steht heimlich auf, um Brot zu essen und wird dabei von seiner Frau ertappt.
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Alltagssituation: Was erzählt wird, ist vollkommen alltäglich. Der Mann hat Hunger und schleicht sich nachts in die Küche.
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Kurzer Zeitraum: Die Handlung findet nur über eine Nacht und den folgenden Morgen statt.
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Konflikt und Wendepunkt: Der eigentliche Konflikt bleibt unausgesprochen: Der Mann hat gelogen und die Frau weiß es, aber sie entscheidet sich dennoch, ihm ein Stück ihres Brots zu geben.
- Offenes Ende: Wir erfahren nicht, ob sie jemals darüber sprechen. Die Handlung bleibt unausgesprochen stehen.
Tipp: Eine vollständige Zusammenfassung und Interpretation zu „Das Brot“ haben wir hier für dich.
„Die Küchenuhr“
Worum geht’s?
Ein junger Mann setzt sich zu fremden Menschen auf eine Parkbank. In seiner Hand hält er eine alte Küchenuhr — das Einzige, was ihm nach einem Bombenangriff geblieben ist. Nach und nach wird klar: Seine Familie ist tot, das Haus zerstört. Doch die Uhr erinnert ihn an glückliche Abende mit seinen Eltern.
Die ganze Kurzgeschichte zu „Die Küchenuhr“ kannst du hier lesen.
Strukturelle Merkmale:
- Geringer Umfang: Auch diese Geschichte ist sehr kurz. Es wird nur ein einziges Gespräch geschildert, ohne Nebenhandlungen oder Ausschmückungen.
- Direkter Einstieg: Der Text beginnt mitten in der Szene. Ein junger Mann setzt sich zu zwei Fremden auf eine Parkbank. Erst im Lauf des Gesprächs erfährst du mehr.
- Chronologischer Ablauf (mit Rückblick): Die äußere Handlung (das Gespräch auf der Bank) verläuft chronologisch. Rückblicke gibt es nur als Erinnerungen des Mannes, eingebettet in seine Erzählung. Sie unterbrechen aber nicht die klare Abfolge.
- Einfache Sprache: Die Sprache ist schlicht und natürlich. Viele Sätze wirken umgangssprachlich — fast so, als würde jemand wirklich erzählen.
- Wenige Figuren und Orte: Es gibt nur drei Figuren: der junge Mann und zwei Zuhörer, die kaum sprechen. Die Szene spielt dabei ausschließlich auf einer Bank.
Inhaltliche Merkmale:
- Ein Handlungsstrang: Die Geschichte dreht sich nur um den jungen Mann und was seine Küchenuhr für ihn bedeutet.
- Alltagssituation: Es handelt sich um ein ganz einfaches Gespräch auf einer Parkbank.
- Kurzer Zeitraum: Das Gespräch dauert nur wenige Minuten, auch wenn die Rückblenden sich über einen längeren Zeitraum erstrecken.
- Konflikt und Wendepunkt: Der innere Konflikt des Mannes steht im Mittelpunkt. Er hat alles verloren und klammert sich an eine alte Küchenuhr. Der Wendepunkt kommt, als er erklärt, warum gerade diese Uhr ihm Trost spendet.
- Offenes Ende: Was nach dem Gespräch passiert, erfährst du nicht. Ob der junge Mann weiterzieht oder wie die anderen reagieren: das bleibt offen.
Tipp: Falls du noch mehr über „Die Küchenuhr“ erfahren willst, haben wir hier
einen eigenen Beitrag dazu.
Merkmale einer Kurzgeschichte — häufigste Fragen
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Was sind Merkmale einer Kurzgeschichte? Kurzgeschichten sind kurze Prosatexte mit stark verdichtetem Inhalt. Sie zeigen einen entscheidenden Moment im Alltag und steigen direkt ins Geschehen ein. Typisch sind ein einfacher Stil, wenige Figuren und ein offenes Ende. -
Was sind 10 Merkmale einer Kurzgeschichte? Die 10 Merkmale einer Kurzgeschichte sind:
- kurzer Umfang
- direkter Einstieg
- nur ein Handlungsstrang
- Geschichte aus dem Alltag
- wenige Charaktere
- wenige Orte & kurze Zeitspanne
- chronologische Erzählung
- Konflikt & Wendepunkt
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Was macht eine gute Kurzgeschichte aus? Eine gute Kurzgeschichte hat eine reduzierte Handlung und konzentriert sich auf ein zentrales Ereignis. Sie umfasst wenige Figuren, vermeidet Ortswechsel und Zeitsprünge. Der Handlungsstrang ist klar und endet oft mit einer Pointe.
Interpretation Kurzgeschichte
Wie genau du die Merkmale nun interpretierst und wie du eine Analyse schreibst, zeigen wird dir in unserem Video zur Interpretation von Kurzgeschichten!