Vollkostenrechnung Teilkostenrechnung
In diesem Artikel wird zuerst auf die Vollkostenrechnung inklusive Beispiel eingegangen. In einem zweiten Schritt erfährst du, was es mit der Teilkostenrechnung auf sich hat und wie sich die beiden Arten der Kostenrechnung unterscheiden.
Du hast jetzt schon keine Lust mehr auf so einen langen Artikel? In unserem Lernvideo Vollkostenrechnung Teilkostenrechnung wird dir das Thema sehr anschaulich erklärt.
Inhaltsübersicht
Vollkostenrechnung Definition
Die Vollkostenrechnung beschreibt jene Verfahren der Kostenrechnung, die sämtliche Leistungen und Kosten, also sowohl fixe als auch variable Kosten, auf die Kostenträger verteilen. Sie steht damit im direkten Gegensatz zur Teilkostenrechnung.
Die Grundidee ist hier, die planmäßig entstandenen Kosten eines Kostenträgers zu ermitteln. Dadurch kann die Wirtschaftlichkeit des Produktionsprozesses festgestellt werden. Zur Erinnerung: Kostenträger sind die in einem Unternehmen hergestellten Produkte oder Dienstleistungen.
Vollkostenrechnung Schema
Für die Vollkostenrechnung werden alle drei Schritte der Kostenrechnung durchlaufen:
- Die Kostenartenrechnung (Welche Kosten fallen in welcher Höhe an?)
- Die Kostenstellenrechnung (Wo fallen die Kosten an?)
- Die Kostenträgerrechnung (Für wen (Kostenträger) fallen die Kosten an?)
In der Kostenartenrechnung werden also zuerst alle Kosten des Produktionsprozesses in Einzelkosten und Gemeinkosten aufgeteilt. Einzelkosten sind beispielsweise Rohstoffe oder Betriebsstoffe. Gemeinkosten hingegen können nicht direkt mit der Produktion des Produkts in Verbindung gebracht werden wie zum Beispiel die Miete oder die Heizkosten für Vertriebsbüros oder Lagerhallen.
Im zweiten Schritt, der Kostenstellenrechnung, werden die eben beschriebenen Gemeinkosten den einzelnen Kostenstellen zugewiesen. Dies erfolgt im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung. Die Gesamtkosten werden also mittels des Betriebsabrechnungsbogen (BAB) auf die Endkostenstellen verrechnet.
Als Letztes erfolgt die Kostenträgerrechnung. Sie fasst die beiden vorherigen Schritte zusammen und stellt somit die Preiskalkulation der Produkte dar.
Vollkostenrechnung Beispiel
So viel zur Theorie. In der Praxis wird das Schema aber viel leichter verständlich, deshalb folgt nun ein Beispiel:
Der Pizzabäcker deines Vertrauens hat dich gefragt, ob du eine Vollkostenrechnung für sein Produkt „Pizza Margarita“ durchführen könntest. Da er dich in der Prüfungsphase regelmäßig vor dem Verhungern bewahrt, machst du das natürlich.
Dir stehen folgende Informationen zur Verfügung:
- Täglich produzierte Pizzen: 50 Stück
- Miete: 60€/Tag
- Heizkosten für den Pizzaofen: 20€/Tag
- Kosten für Zutaten pro Pizza: 2€
Dein Ziel ist es nun, alle anfallenden Kosten auf die Produkte zu verrechnen:
Die Gemeinkosten, also die Kosten, die nicht auf ein einzelnes Produkt bezogen werden, betragen 80€ (60€ + 20€ = 80€). Damit kannst du bereits die Vollkostenrechnung aufstellen:
Einzelkosten (Einkaufpreis je Pizza): 2€
+ Gemeinkosten (80€ : 50 Pizzen): 1,60€
= Vollkosten pro Pizza: 3,60€
Vollkostenrechnung Vor- und Nachteile
In der Realität gibt es bei der Anwendung der Vollkostenrechnung einiges zu beachten. Inwiefern sich das positiv oder negativ auswirkt, wird jetzt beschrieben:
Vollkostenrechnung Vorteile
Die Vollkostenrechnung bildet ein einfaches Tool, das bei Entscheidungen über die mittel- und langfristige Produktionsplanung hilft. Das heißt, das Verfahren kann die langfristige Preisuntergrenze bestimmen, die auf dem Absatzmarkt mindestens erzielt werden muss, um kostendeckend zu wirtschaften und ist demnach für die langfristige Planung unerlässlich.
Vollkostenrechnung Nachteile / Mängel
Trotzdem existieren auch einige Nachteile. Den größten stellt die sogenannte Fixkostenproportionalisierung dar. Damit ist gemeint, dass die Fixkosten völlig unabhängig davon anfallen, ob ein Produkt produziert wird oder nicht. Genauso wenig wird die Produktionsmenge beachtet. Produziert der Pizzabäcker also nur eine Pizza am Tag, betragen die Vollkosten 82€ (80€ + 2€). Damit bietet die Vollkostenrechnung keine geeignete Grundlage für die Preiskalkulation mehr. Dennoch werden die Fixkosten einfach auf dieses Produkt verteilt.
Außerdem wird nicht zwischen fixen und variablen Kosten unterschieden. Auch die Variabilität der Fixkosten über den Zeitverlauf wird nicht berücksichtigt. Die Anwendung der Vollkostenrechnung eignet sich in der Praxis deshalb vielmehr für bereits abgeschlossene Geschäftsjahre.
Der letzte Kritikpunkt ist, dass die Umlage der Kosten auf den Produktpreis dazu führen kann, dass der Produktpreis des Unternehmens den Marktpreis übersteigt. Dies führt zu einem Rückgang des Umsatzes, was wiederum die Kosten erneut steigen lässt. Resultat ist also eine ewige Abwärtsspirale.
Kurzfristige strategische Entscheidungen können also auf Basis der Vollkostenrechnung schwierig getroffen werden. Hierfür verwendet man die Teilkostenrechnung.
Obwohl die Vollkostenrechnung einige Mängel aufweist, wird das Verfahren in seinen verschiedenen Varianten auch heute noch in der Kostenrechnung am häufigsten verwendet. So sind nach den internationalen Rechnungslegungsvorschriften IAS/IFRS beispielsweise die Herstellungskosten nach der Methode der Vollkosten zu ermitteln. Es werden also alle der Produktion zurechenbaren Gemeinkosten miteinbezogen.
Teilkostenrechnung
Im Gegensatz zur Vollkostenrechnung wird bei der Teilkostenrechnung nur ein Teil der Kosten auf die Kostenträger verrechnet. Meist werden also nur die variablen Kosten bzw. die Einzelkosten verrechnet.
Würde der Pizzabäcker dich also fragen, ob du eine Teilkostenrechnung für ihn durchführen kannst, sähe deine Berechnung so aus:
Teilkostenrechnung Beispiel
Hier noch einmal die gegebenen Informationen:
- Täglich produzierte Pizzen: 50 Stück
- Miete: 60€/Tag
- Heizkosten für den Pizzaofen: 20€/Tag
- Kosten für Zutaten pro Pizza: 2€
Da die Einzelkosten bereits gelistet sind, ist das Ergebnis offensichtlich:
Einzelkosten (Einkaufpreis je Pizza): 2€
Vollkostenrechnung vs Teilkostenrechnung
Während bei der Vollkostenrechnung also die gesamten Kosten miteinbezogen werden, orientiert sich die Teilkostenrechnung nur am Deckungsbeitrag. Sie kann somit als verursachungsgerecht bezeichnet werden und bei kurzfristigen Fragestellungen, wie potenziellen Zusatzaufträgen, Abhilfe leisten.
Würdest du nun also geplagt vom Lernstress deinem Pizzabäcker das Angebot machen 5 zusätzliche Pizzen zum Preis von je 2,50€ abzukaufen, würde dieser wohl spontan annehmen. Denn der Auftrag würde zwar nicht die Vollkosten abdecken, ihm aber immerhin einen Deckungsbeitrag von 0,5€ pro Pizza einbringen.
Auf langfristige Sicht stellt sie allerdings ein Risiko dar, da ein Unternehmen seine gesamten Kosten decken muss. Sind die Deckungsbeiträge zu niedrig, um zusätzlich die Fixkosten zu decken, entstehen logischerweise Verluste.
Das heißt, die Vollkostenrechnung ist für die langfristige Planung neuer Geschäftsmodelle geeignet, wohingegen die Teilkostenrechnung für kurzfristige Entscheidungen mit unveränderlichen Gemeinkosten verwendet werden sollte.
Vollkostenrechnung Teilkostenrechnung — häufigste Fragen
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Was ist der Unterschied zwischen Vollkostenrechnung und Teilkostenrechnung?
Die Kostenrechnung ist die Berechnung der Herstellungskosten einzelner Produkte. Es gibt zwei Varianten: Die Vollkostenrechnung berücksichtigt alle Kosten, die Teilkostenrechnung nur die variablen Kosten.
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Wann benutze ich die Vollkostenrechnung, wann die Teilkostenrechnung?
Die Vollkostenrechnung benutzt du für die langfristige Planung deiner Kosten, die Teilkostenrechnung für kurzfristige Entscheidungen wie Zusatzaufträge.
Deckungsbeitrag
Du kennst jetzt den Unterschied zwischen Vollkostenrechnung und Teilkostenrechnung. Für die Teilkostenrechnung brauchst du den Deckungsbeitrag. Was das ist und wie du ihn berechnest, erfährst du hier .