Rückstellungen
Rückstellungen spielen eine zentrale Rolle in der Buchhaltung, aber was steckt eigentlich dahinter? In diesem Beitrag und im Video zeigen wir dir, was sie ausmacht sind und wie sie funktionieren.
Inhaltsübersicht
Was sind Rückstellungen? — einfach erklärt
Rückstellungen sind Geldbeträge, die in der Buchhaltung für zukünftige Ausgaben eingeplant werden — zum Beispiel für Reparaturen, Prozesse oder Steuern. Sie sichern ungewisse, aber wahrscheinliche Verbindlichkeiten ab, deren Höhe oder Fälligkeit noch nicht genau feststeht.
Durch die Bildung von Rückstellungen wird sichergestellt, dass das Unternehmen diese Zahlungsverpflichtungen später auch begleichen kann — und dass die Ausgaben dem Jahr zugeordnet werden, in dem sie wirtschaftlich entstanden sind.
Damit eine Rückstellung gebildet werden kann, müssen drei Bedingungen erfüllt sein:
- Die Kostenursache liegt im aktuellen Geschäftsjahr
- Der genaue Zeitpunkt ist unklar
- Die Höhe oder das Bestehen der Zahlung ist unsicher, aber wahrscheinlich
Rückstellungen sorgen dafür, dass die Buchhaltung
die finanzielle Lage eines Unternehmens möglichst realistisch abbildet. Ohne sie würde der Gewinn oft zu hoch ausgewiesen — weil wahrscheinliche Kosten erst viel später erscheinen würden, obwohl sie wirtschaftlich bereits entstanden sind.
In bestimmten Fällen sind Rückstellungen sogar gesetzlich vorgeschrieben. Die rechtliche Grundlage dafür steht in § 249 HGB. Dort ist genau geregelt, wann Rückstellungen Pflicht sind und wann sie freiwillig angesetzt werden können.
Welche Arten von Rückstellungen gibt es?
Rückstellungen lassen sich grob in zwei Arten einteilen: Schuldrückstellungen und Aufwandsrückstellungen. Die Unterscheidung spielt vor allem für die bilanzielle Behandlung nach Handels- und Steuerrecht eine wichtige Rolle.
Schuldrückstellungen
Schuldrückstellungen sind Verpflichtungen, die das Unternehmen gegenüber anderen hat — zum Beispiel gegenüber Mitarbeitenden, Kunden oder dem Finanzamt. Typische Beispiele für Schuldrückstellungen sind:
Pensionsrückstellungen:
Wird Mitarbeitenden eine Betriebsrente zugesagt, wird dafür Geld zurückgelegt — obwohl noch nicht feststeht, wann und wie lange sie diese erhalten.
Steuerrückstellungen:
Für Steuern, die im aktuellen Geschäftsjahr verursacht wurden, deren genaue Höhe aber noch nicht feststeht — z. B. Gewerbesteuer oder Umsatzsteuer.
Sonstige Rückstellungen:
Unter den sonstigen Rückstellungen werden alle Rückstellungen zusammengefasst, die nicht unter Pensionen oder Steuern fallen. Sie umfassen sowohl Schuldrückstellungen als auch Aufwandsrückstellungen. Einige Beispiele sind:
-
Prozessrückstellungen:
Für mögliche Kosten aus laufenden Gerichtsverfahren, etwa Anwalts- oder Vergleichskosten. -
Provisionsrückstellungen:
Für ausstehende Vertriebsprovisionen, die wirtschaftlich bereits verdient wurden, aber noch nicht abgerechnet sind. -
Jahresabschluss- und Prüfungsrückstellungen:
Für Leistungen von Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern, die im Folgejahr abgerechnet werden. -
Drohverlustrückstellungen:
Diese werden gebildet, wenn aus einem noch nicht vollständig erfüllten Vertrag voraussichtlich ein Verlust entsteht.
Viele Schuldrückstellungen beruhen auf sogenannten ungewissen Verbindlichkeiten. Das sind Verpflichtungen, bei denen unklar ist, ob, wann und in welcher Höhe sie eintreten. Sie sind die Voraussetzung, warum Rückstellungen handelsrechtlich überhaupt gebildet werden dürfen.
Aufwandsrückstellungen
Aufwandsrückstellungen betreffen geplante betriebliche Aufwendungen, für die keine Verpflichtung gegenüber Dritten besteht — das Unternehmen stellt sich diese Kosten sozusagen selbst in Aussicht. Typische Beispiele für Aufwandsrückstellungen sind:
Instandhaltungsrückstellungen:
Wenn eine Reparatur oder Wartung erst im nächsten Geschäftsjahr durchgeführt wird, deren Ursache aber im laufenden Jahr liegt.
Kulanzrückstellungen:
Für freiwillige Reparaturen oder Rücknahmen, obwohl die gesetzliche Gewährleistungsfrist bereits abgelaufen ist und keine rechtliche Pflicht mehr besteht.
Gut zu wissen: In der Bilanz tauchen sie unter „Sonstige Rückstellungen“ auf, obwohl sie eine eigene Rückstellungsart darstellen.
Bilanzielle Behandlung der Rückstellungsarten
Die bilanzielle Behandlung beschreibt, ob und wie Rückstellungen in der Bilanz gebucht werden dürfen oder müssen. Dabei gibt es zwei Perspektiven:
- Handelsrechtlich → nach dem Handelsgesetzbuch (HGB)
- Steuerrechtlich → nach dem Einkommensteuergesetz (EStG)
Art der Rückstellung | Handelsrechtlich (HGB) | Steuerrechtlich (EStG) |
Schuldrückstellungen | Müssen gebildet werden | Zulässig, wenn die Verpflichtung konkret ist |
Aufwandsrückstellungen | Nur in bestimmten Ausnahmen erlaubt | nicht zulässig |
Die Begriffe Rückstellungen und Rücklagen werden oft miteinander verwechselt — sie meinen aber etwas anderes.
Rückstellungen gehören zum Fremdkapital
und decken unklare, aber wahrscheinliche Ausgaben ab. Sie werden als Aufwand gebucht und verringern den Gewinn.
Rücklagen
dagegen sind Teil des Eigenkapitals.
Sie werden nicht für konkrete Verpflichtungen gebildet, sondern stärken das Unternehmen langfristig finanziell und bleiben ohne Einfluss auf den Gewinn.
Rückstellungen buchen
Rückstellungen werden immer auf der Passivseite der Bilanz unter Fremdkapital geführt — also im Haben gebucht:
Wenn du eine Rückstellung bildest, buchst du sie als Aufwand.
So sieht der Buchungssatz dann aus:
Aufwand | an | Rückstellungen |
Mit der Rückstellung machst du deutlich: Das Unternehmen rechnet zukünftig mit der Ausgabe und senkt den Gewinn schon jetzt — obwohl die Kosten erst später entstehen.
Ein Beispiel:
Du erwartest Anwaltskosten in Höhe von 5.000 €.
Dein Buchungssatz würde folgendermaßen aussehen:
Rechts- und Beratungskosten | an | Rückstellungen | 5.000 € |
Rückstellungen auflösen
Sobald der Grund für die Rückstellung wegfällt — zum Beispiel die tatsächliche Rechnung trifft ein — musst du sie auflösen. Dabei gibt es drei Möglichkeiten:
Fall | Buchungssatz | Folge |
Auszahlung = Rückstellung | Rückstellungen an Bank | erfolgsneutral |
Rückstellung war zu hoch | Rückstellungen an Bank und sonstige betriebliche Erträge | Gewinn steigt (Ertrag) |
Rückstellung war zu niedrig | Rückstellungen und sonstiger betrieblicher Aufwand an Bank | Gewinn sinkt (zusätzlicher Aufwand) |
Je nachdem, ob du zu viel oder zu wenig zurückgestellt hast, wirkt sich das auf deinen Gewinn aus.
Hier siehst du nochmal jeden Fall im Überblick mit einem passenden Beispiel:
Fall 1: Auszahlung = Rückstellung
Du hast für eine geplante Wartung 3.000 € Rückstellungen gebildet. Im neuen Geschäftsjahr kommt die Rechnung — und sie beträgt genau 3.000 €.
Der Buchungssatz für das Auflösen der Rückstellung lautet in diesem Fall:
Rückstellungen | an | Bank | 3.000 € |
→ Ergebnis: Die Rückstellung war exakt richtig. Die Auflösung ist also erfolgsneutral.
Fall 2: Rückstellung war zu hoch
Du hast mit 5.000 € Anwaltskosten gerechnet, tatsächlich belaufen sich die Kosten auf nur 4.000 €.
Dein Buchungssatz lautet dann:
Rückstellungen | an | Bank | 4.000 € |
Sonstiger betrieblicher Ertrag | 1.000 € |
→ Ergebnis: Die Differenz (1.000 €) wird als Ertrag gebucht und erhöht den Gewinn.
Fall 3: Rückstellung war zu niedrig
Du hast 2.500 € für Reparaturen zurückgestellt. Die tatsächliche Rechnung liegt bei 3.200 €.
In deine Buchhaltung nimmst du das mit diesem Buchungssatz auf:
Rückstellungen | an | Bank | 2.500 € |
Sonstiger betrieblicher Aufwand | 700 € |
→ Ergebnis: Die zusätzlichen 700 € gelten als weiterer Aufwand und senken den Gewinn zusätzlich.
Langfristige Rückstellungen und Abzinsung
Langfristige Rückstellungen betreffen Verpflichtungen, deren Erfüllung voraussichtlich erst nach mehr als einem Jahr erfolgt — zum Beispiel Pensionszusagen oder Garantieverpflichtungen.
Damit solche Rückstellungen nicht zu hoch angesetzt werden, schreibt das Handelsgesetzbuch (§ 253 Abs. 2 HGB) vor:
Du musst sie mit einem durchschnittlichen Marktzinssatz abzinsen.
Das bedeutet: Du berechnest den Barwert der Rückstellung — also den heutigen Wert eines Betrags, den du erst in Zukunft zahlen musst. Denn ein Euro heute ist mehr wert als ein Euro in zwei Jahren.
Beispiel | Restlaufzeit | Abzinsungssatz | Barwert |
Rückstellung für Pensionszahlung in 5 Jahren | 5 Jahre | z. B. 1,5 % | 95.600 € statt 100.000 € |
Tipp: Zur Berechnung nutzt du am besten Buchhaltungssoftware oder ein Tabellenprogramm. Die aktuellen Abzinsungssätze findest du auf der Website der Deutschen Bundesbank.
Der Rückstellungsspiegel
Der Rückstellungsspiegel zeigt in einer Tabelle, wie sich Rückstellungen im Geschäftsjahr verändert haben — also wie viele es zu Beginn gab, welche neu hinzugekommen, aufgelöst oder genutzt wurden.
Diese Übersicht ist wichtig für die Kontrolle und Transparenz in der Bilanz. Sie hilft auch dabei, Rückstellungen im nächsten Jahr besser zu planen.
Ein Rückstellungsspiegel enthält meistens folgende Spalten:
Position | Erklärung |
Anfangsbestand | Rückstellungen zu Beginn des Geschäftsjahres |
Zuführung | neu gebildete Rückstellungen im laufenden Jahr |
Auflösung | Rückstellungen, die nicht mehr gebraucht wurden |
Verbrauch / Inanspruchnahme | tatsächlich genutzte Rückstellungen |
Umbuchung | interne Korrekturen oder Verschiebungen |
Auf- und Abzinsung | Veränderung durch Zinssätze bei langfristigen Rückstellungen |
Endbestand | verbleibende Rückstellungen zum Bilanzstichtag |
So hast du alle Veränderungen übersichtlich dokumentiert — ein Muss für alle, die ihre Buchhaltung sauber führen wollen.
Verbindlichkeiten
Rückstellungen sind eng mit Verbindlichkeiten verbunden — beide zählen zum Fremdkapital. Was sie ausmacht und was dabei wichtig ist, erfährst du in diesem Beitrag!
Rückstellungen — häufigste Fragen
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Was ist eine Rückstellung? Rückstellungen erfassen erwartete Ausgaben, deren Höhe oder Fälligkeit noch ungewiss ist — etwa für Reparaturen oder Gerichtsverfahren. Sie stellen sicher, dass diese Kosten im richtigen Geschäftsjahr berücksichtigt werden. In der Bilanz stehen Rückstellungen auf der Passivseite und zählen zum Fremdkapital. -
Wie bucht man eine Rückstellung korrekt? Beim Buchen einer Rückstellung erfasst du den geschätzten Aufwand im Soll eines Aufwandskontos. Der gleiche Betrag wird im Haben auf dem Rückstellungskonto verbucht. So entsteht eine Verbindlichkeit. Der typische Buchungssatz lautet: Aufwand an Rückstellungen. -
Wann und warum wird eine Rückstellung aufgelöst? Du löst eine Rückstellung auf, sobald der ursprüngliche Grund entfällt oder die tatsächliche Verbindlichkeit feststeht. Ist die Zahlung fällig und der Betrag bekannt, ersetzt du die Rückstellung durch eine konkrete Verbindlichkeit. Besteht kein Anlass mehr, buchst du die Rückstellung erfolgswirksam zurück.