Euphemismus
Du fragst dich, was genau das Stilmittel Euphemismus ist und wie du es erkennst? Das erfährst du hier und in unserem Video!
Inhaltsübersicht
Was ist ein Euphemismus?
Ein Euphemismus ist ein sprachliches Stilmittel, mit dem etwas schöner, harmloser oder neutraler klingt, als es eigentlich ist. Statt direkt zu sagen, dass jemand „gestorben“ ist, sagen viele zum Beispiel: „Er ist von uns gegangen.“ Oder statt „arbeitslos“ heißt es dann oft: „arbeitssuchend“.
Solche Formulierungen begegnen dir in ganz verschiedenen Bereichen: im Alltag, in der Politik, in der Werbung oder auch in der Literatur.
Beispiele für Euphemismen
Wie Euphemismen in der Praxis genau aussehen, hängt vom Bereich ab, in dem sie verwendet werden. In den nächsten Abschnitten zeigen wir dir typische Beispiele aus verschiedenen Kategorien.
Euphemismen im Alltag
Im Alltag verwenden wir Euphemismen, um heikle oder unangenehme Themen höflicher auszudrücken. Oft geht es dabei um Krankheit, Scham oder Situationen, die peinlich sein könnten. Die Sprache ist dadurch weicher und gezielt beschönigt.
➡️ Beispiel
– „Ihm ist etwas auf den Magen geschlagen“
statt: „Er hat sich übergeben“
– „Berufliche Neuorientierung“
statt: „Arbeitslosigkeit“
– „Anders befähigt“
statt: „behindert“
Euphemismen in der Politik
In der Politik werden Euphemismen gezielt eingesetzt, um Aussagen harmloser klingen zu lassen oder Kritik zu vermeiden. Oft soll dadurch ein positiver Eindruck entstehen — auch wenn es um schwierige oder kontroverse Themen geht.
➡️ Beispiel
– „Stabilisierungseinsatz“
statt: „Militäreinsatz“
– „Anpassung der Bürgerbeiträge“
statt: „Steuererhöhung“
– „Unkonventionelle Maßnahmen“
statt: „Verfassungsbruch“
Euphemismen im Umweltschutz
Unternehmen und staatliche Institutionen bzw. politische Akteure nutzen Euphemismen, um ihre Umweltbilanz besser aussehen zu lassen. Oft wirken Produkte oder Maßnahmen dadurch „grüner“, als sie wirklich sind.
➡️ Beispiel
– „Nachhaltige Verpackung“
statt: „Plastikverpackung mit etwas weniger Material“
– „Klimakompensiert“
statt: „Trotz Emissionen verkauft“
– „Optimierte Müllverwertung“
statt: „Verbrennung von Abfällen“
Euphemismen in der Wirtschaft
In der Wirtschaft sorgen Euphemismen dafür, dass Produkte hochwertiger wirken oder Probleme verharmlost werden — besonders in der Werbung und im Berufsalltag.
➡️ Beispiel
– „Kompakte Ausstattung“
statt: „billige Grundversion“
– „Servicekraft für Gebäudemanagement“
statt: „Putzkraft“
– „Preisanpassung“
statt: „Preiserhöhung“
Euphemismen in der Literatur
In literarischen Texten helfen Euphemismen dabei, Tabus zu umgehen oder schwierige Themen poetisch auszudrücken. Oft wird etwas Schreckliches oder Intimes in eine schöne, bildhafte Sprache verpackt.
➡️ Beispiel
– „Sie wohnt im Schattenlande.“
statt: „Sie ist tot.“ (aus „Die Glocke“ von Friedrich Schiller)
→ Der Tod wird in der Passage nicht direkt benannt, sondern als geheimnisvoller Ort dargestellt. So erscheint das Thema für dich als Leser sanfter und würdevoller.
– „Da Sie mich in guter Hoffnung finden …“
statt: „Sie ist schwanger.“ (aus „Die Wahlverwandtschaften“ von Johann Wolfgang von Goethe)
→ Die Schwangerschaft der Figur wird nicht direkt ausgesprochen, sondern feinfühlig angedeutet, um gesellschaftliche Konventionen zu wahren.
– „Und nimm mich zu dir in dein himmlisch Leben!“
statt: „Er nimmt sich das Leben.“ (aus „Maria Stuart“ von Friedrich Schiller)
→ Schiller benennt den Suizid des Charakters nicht klar, sondern er verpackt ihn in ein religiöses Bild. Das vermittel Trost und Erlösung statt Verzweiflung.
Wirkung und Funktion von Euphemismen
Euphemismen verändern, wie etwas klingt — und damit auch, wie es auf uns wirkt. Sie können zur Aufwertung, Milderung oder Vertuschung eingesetzt werden.
Die nächsten Abschnitte zeigen dir, wie das genau aussieht.
Aufwertung
Euphemismen können genutzt werden, um Berufe oder Personengruppen sprachlich aufzuwerten. Die neue Bezeichnung klingt positiver und sorgt dafür, dass mehr Respekt oder gesellschaftliche Anerkennung vermittelt wird.
➡️ Beispiel
– „Reinigungskraft“
statt: „Putzfrau“
– „Servicekraft“
statt: „Kellnerin“
Milderung
Euphemismen werden oft verwendet, um etwas weniger schlimm oder negativ klingen zu lassen. Besonders in sensiblen Situationen zeigt diese sprachliche Abschwächung Rücksicht — zum Beispiel bei Krankheit, Tod oder persönlichen Schicksalen.
➡️ Beispiel
– „Er ist friedlich eingeschlafen.“
statt: „Er ist gestorben.“
– „Sie wurde freigestellt.“
statt: „Sie wurde entlassen.“
Vertuschung
Manche Euphemismen sollen nicht höflich wirken, sondern bewusst etwas verschleiern. Die Wahrheit wird dabei sprachlich so verändert, dass sie weniger schlimm oder ganz harmlos klingt.
➡️ Beispiel
– „Personalabbau“
statt: „Entlassung von Mitarbeitern“
– „Preisanpassung“
statt: „Preiserhöhung“
Bildung von Euphemismen
Euphemismen entstehen auf unterschiedliche Weise — je nachdem, wie etwas verschleiert oder schöner gesagt werden soll. Hier sind die wichtigsten Arten:
-
Umschreibung:
Ein unschöner oder unangenehmer Begriff wird durch eine weichere Formulierung ersetzt.
Beispiel: „in anderen Umständen“ statt „schwanger“
-
Abkürzung:
Das ganze Wort wird vermieden, indem nur die Anfangsbuchstaben genannt werden.
Beispiel: „BH“ statt „Büstenhalter“
-
Fremd- oder Fachwort:
Ein deutsches Wort wird durch einen englischen oder fachsprachlichen Begriff ersetzt, der neutraler oder professioneller klingt.
Beispiel: „Event“ statt „Veranstaltung“
-
Wortspiel oder Lautersatz:
Vor allem bei Schimpfwörtern wird ein Teil des Wortes verändert oder durch einen harmlos klingenden Ausdruck ersetzt.
Beispiel: „Scheibenkleister“ statt „Scheiße“
Gegenteil des Euphemismus: Dysphemismus/Kakophemismus
Dysphemismen — auch Kakophemismen genannt — stellen das Gegenteil von Euphemismen dar. Sie machen etwas absichtlich negativer oder abwertender, als es eigentlich ist.
➡️ Beispiel
– „Fressbude“
statt: „Imbiss“
– „Altenheim-Abschiebung“
statt: „Einzug ins Pflegeheim“
Hyperbel
Euphemismen sind dir jetzt klar, aber wie sieht es mit sprachlichen Übertreibungen aus? Erfahre mehr dazu in unserem Video zur Hyperbel.