Jambus
Ein häufiger Versfuß in Gedichten ist der Jambus. Wie er aufgebaut ist und wie du ihn in Gedichten erkennst, erfährst du hier und im Video!
Inhaltsübersicht
Was ist ein Jambus?
Der Jambus ist ein Versfuß, der aus zwei Silben besteht: einer unbetonten Silbe, gefolgt von einer betonten Silbe. Das siehst du zum Beispiel hier:
„Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?“ („Der Erlkönig“, Goethe)
Durch diese regelmäßige Abfolge von unbetonten und betonten Silben entsteht ein fließender und gleichmäßiger Rhythmus.
In einer Gedichtanalyse kennzeichnest du den Jambus mit den Zeichen xX oder ∪ –.
Mit dem Versfuß kannst du den Rhythmus von Gedichten beschreiben. In Gedichten wechseln sich betonte und unbetonte Silben immer in einer ganz bestimmten Folge ab. Das bezeichnest du auch als Metrum (Versmaß). Die kleinste Einheit des Metrums ist der Versfuß.
Wichtig: Der Jambus ist einer von vier Versfuß-Arten. Daneben gibt es noch den Trochäus, den Anapäst und den Daktylus.
Jambus im Gedicht erkennen
Um einen Jambus zu erkennen, schaust du dir die Betonungen im Vers an: Dafür liest du den Vers laut vor und versuchst ihn übertrieben zu betonen.
Die betonten Silben sprichst du dabei automatisch lauter aus und deine Stimme hebt sich etwas. Bei unbetonten Silben senkt sich deine Stimme hingegen.
Eine ausführliche Anleitung, wie du das Metrum im Vers bestimmst, bekommst du hier.
Jambus — Beispiel
Schauen wir uns den Aufbau des Jambus an einem weiteren Beispiel an. Heinrich Heines Gedicht „Im wunderschönen Monat Mai“ enthält ebenfalls Jamben:
∪ – ∪ – ∪ – ∪ –
Im | wun|der|schö|nen | Mo|nat | Mai,
∪ – ∪ – ∪ – ∪
als | al|le | Knos|pen | spran|gen,
∪ – ∪ – ∪ – ∪
da | ist | in | mei|nem | Her|zen
∪ – ∪ – ∪ – ∪
die | Lie|be | auf|ge|gan|gen.
Du erkennst den Jambus hier wieder an dem ständigen Wechsel von unbetonten und betonten Silben, wobei ein Vers immer mit einer unbetonten Silbe beginnt.
Den Jambus kannst du bei jedem Gedicht aber noch genauer bestimmen. Je nachdem, wie viele betonte Silben (Hebungen) ein Vers nämlich hat, unterscheidest du verschiedene Arten von Jamben: Enthält ein Vers zum Beispiel drei Hebungen, sprichst du von einem dreihebigen Jambus. Bei vier Hebungen ist es ein vierhebiger Jambus und so weiter.
In Heines Gedicht findest du zwei Arten: Der erste Vers ist ein vierhebiger Jambus, da er vier betonte Silben (Hebungen) enthält. Die anderen drei Verse haben nur drei betonte Silben und sind damit dreihebige Jamben.
Ein Jambus endet in der Regel eine Betonung (∪ –). Da er sich in einem Vers aber mehrmals wiederholt, kann es sein, dass der Vers auf einer unbetonten Silbe endet. Der letzte Jambus in dem Vers bricht also nach der unbetonten Silbe ab. So einen Vers bezeichnest du auch als „unvollständig“ oder „katalektisch“.
Wirkung und Funktion des Jambus
In einer Gedichtanalyse musst du den Jambus nicht nur erkennen, sondern oft auch seine Wirkung beschreiben. Da sich unbetonte und betonte Silben ständig abwechseln, sorgt d er Jambus in einem Gedicht immer für einen regelmäßigen und harmonischen Klang. Dadurch entsteht ein gleichmäßiger Rhythmus, der an einen Herzschlag oder das Galoppieren eines Pferdes erinnert. Dieser Rhythmus verleiht dem Gedicht eine innere Melodie und macht es eingängig. Deshalb wurde der Jambus auch oft in Volksliedern verwendet.
Die aufsteigende Bewegung von der unbetonten zur betonten Silbe kann außerdem eine gewisse Spannung und Dynamik erzeugen. Schnell vorgetragen, eignet sich der Jambus daher auch für dramatische und spannungsgeladene Werke.
Jambus — besondere Versmaße
Der Jambus kommt als Versfuß noch in vielen anderen Versmaßen vor:
- dem Alexandriner,
- dem Blankvers,
- der Stanze und
- der Terzine.
Schauen wir uns die etwas genauer an!
Jambus — Alexandriner
Der Alexandriner ist aus sechs Jamben aufgebaut. Du bezeichnest ihn deshalb auch als sechshebigen Jambus. In der Regel besteht der Alexandriner daher aus zwölf Silben (6 betonte & 6 unbetonte Silben). Er kann aber auch um eine 13. unbetonte Silbe erweitert werden. Dann wäre er unvollständig, also katalektisch.
Eine weitere Besonderheit am Alexandriner ist, dass er nach dem dritten Jambus eine Zäsur hat — also eine kleine Sprechpause. Die erkennst du oft an einem Komma in der Mitte des Verses.
Ein Beispiel für den Alexandriner ist Andreas Gryphius Gedicht „Es ist alles eitel“:
∪ – ∪ – ∪ – | ∪ – ∪ – ∪ – ∪
Du | siehst,| wo|hin | du | siehst,| nur | Ei|tel|keit| auf | Er|den.
∪ – ∪ – ∪ – | ∪ – ∪ – ∪ –
Was | die|ser | heu|te | baut,| reißt | je|ner | mor|gen | ein.
∪ – ∪ – ∪ – | ∪ – ∪ – ∪ –
Wo | it|zund | Stä|dte | stehn, | wird | ei|ne | Wie|se | sein,
∪ – ∪ – ∪ – | ∪ – ∪ – ∪ – ∪
auf | der | ein | Schä|fers|kind | wird | spie|len | mit | den | Her|den.
Gut zu wissen: Um die Endbetonung geht es auch bei den Kadenzen. Ist die letzte Silbe im Vers betont, sprichst du von einer männlichen Kadenz. Wenn sie unbetont ist, handelt es sich um eine weibliche Kadenz.
Jambus — Blankvers
Der Blankvers besteht hingegen aus fünf Jamben, also zehn Silben. Doch auch er kann um eine 11. Silbe erweitert werden. Du findest den Blankvers zum Beispiel in Goethes Drama „Iphigenie auf Tauris“:
∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪
He|raus | in | eu|re | Schat|ten, | re|ge | Wip|fel
∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪
des | al|ten | heil’|gen,| dicht|be|laub|ten | Hai|nes.
∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪ –
wie | in | der | Göt|tin | stil|les | Hei|lig|tum,
∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪ –
tret | ich | noch | jetzt | mit | schau|dern|dem | Ge|fühl.
Jambus — Stanze
Eine andere Sonderform des Jambus ist die Stanze. Dabei handelt es sich um eine italienische Strophenform, die aus acht Versen besteht. Jeder Vers hat dabei fünf Jamben und elf Silben. Deshalb enden die Verse meist auf einer unbetonten Silbe.
Ein Beispiel dafür ist die erste der „Winterlichen Stanzen“ von Rainer Maria Rilke:
∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪
Nun | sol|len | wir | ver|sag|te | Ta|ge | lan|ge
∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪
er|tra|gen | in | des | Wi|der|stan|des | Rin|de;
∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪
uns | im|mer | weh|rend,| nim|mer | an | der | Wan|ge
∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪
das | Tie|fe | füh|lend | auf|ge|ta|ner | Win|de.
∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪
Die | Nacht | ist | stark,| doch | von | so | fer|nem | Gan|ge,
∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪
die | schwa|che | Lam|pe | ü|ber|re|det | lin|de.
∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪
Lass | dich’s | ge|trös|ten:| Frost | und | Harsch | be|rei|ten
∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪
die | Span|nung | künf|ti|ger | Em|pfäng|lich|kei|ten.
Jambus — Terzine
Jamben sind auch fester Bestandteil in der Terzine. Darunter verstehst du eine italienische Gedichtform, die aus beliebig vielen Strophen besteht. Diese sind immer aus drei Versen mit jeweils elf Silben aufgebaut.
Der Jambus kommt zum Beispiel in Hugo von Hofmannsthals „Vier Gedichte in Terzinen“ vor:
∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪
Die | Stun|den!| Wo | wir | auf | das | hel|le | Blau|en
∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪ –
des | Mee|res | star|ren | und | den | Tod | ver|stehn,
∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪ – ∪
so | leicht | und | fei|er|lich | und | oh|ne | Grau|en
Jambus — häufigste Fragen
-
Was ist ein Jambus? Ein Jambus ist ein Versfuß, der aus zwei Silben besteht. Er beginnt mit einer unbetonten Silbe und endet auf einer betonten. Das Muster sieht also so aus: unbetont — betont. -
Was ist ein dreihebiger Jambus? Ein dreihebiger Jambus ist ein Versmaß, das aus sechs Silben (xX xX xX) besteht. Denn ein Jambus hat zwei Silben: eine betonte (X) und eine unbetonte Silbe (x). Hat ein Vers drei betonte Silben (Hebungen), liegt ein dreihebiger Jambus vor. -
Was ist ein vierhebiger Jambus? Ein vierhebiger Jambus ist ein Vers, der aus vier Jamben besteht (xX xX xX xX). Das heißt, er hat insgesamt acht Silben und ein regelmäßiges Muster von abwechselnd unbetonten und betonten Silben.
Jambus — Trochäus
Der zweithäufigste Versfuß im Deutschen ist der Trochäus. Du kannst ihn als Umkehrung zum Jambus bezeichnen. Er setzt sich also aus einer betonten (–) und einer unbetonten Silbe (∪) zusammen. Mehr zum Trochäus erklären wir dir hier
im Video!