Haiku Gedicht
Hast du schon einmal was von dem kürzesten Gedicht der Welt gehört? Was ein Haiku Gedicht genau ist und wie du es selbst schreiben kannst, erfährst du hier im Beitrag und in unserem Video !
Inhaltsübersicht
Was ist ein Haiku?
Ein Haiku ist eine traditionelle japanische Gedichtform, die aus drei Zeilen besteht. Insgesamt hat es 17 Silben, mit 5 — 7 — 5 Silben pro Zeile.
Haikus fokussieren sich oft auf die Natur oder den Wechsel der Jahreszeiten, können aber auch andere Themen behandeln. Die Stärke eines Haikus liegt oft in seiner Einfachheit und seiner Fähigkeit, einen einzelnen Moment des Erkennens oder Sehens in wenigen Worten zu vermitteln.
Das Haiku tauchte erstmals im 17. Jahrhundert in der japanischen Literatur auf, der berühmteste Dichter ist Matsuo Bashō (1644-1694). Heute werden Haikus von Autoren auf der ganzen Welt geschrieben.
Haiku Regeln
Um ein Haiku Gedicht zu schreiben, musst du dich an einige Regeln halten.
- Es besteht aus nur drei Zeilen mit insgesamt 17 Silben.
Die erste Zeile besteht aus 5 Silben, die zweite aus 7 Silben und die dritte Zeile hat wieder 5 Silben.
- Die Zeitform, in der das Haiku geschrieben wird, ist Präsens.
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Großschreibung und Zeichensetzung
müssen nicht starren grammatikalischen Regeln folgen, sondern sind Sache des Dichters.
- Ein Haiku muss sich nicht reimen, die traditionellen Kurzgedichte reimen sich überhaupt nicht.
- Das Haiku vermittelt einen einzelnen Moment des Erkennens oder Sehens. Es spiegelt also einen Sinneseindruck wider, der sich meistens auf die Natur und auf Jahreszeiten bezieht.
- Traditionelle Haiku nutzen immer kigo. Das sind Worte, die sich auf eine bestimmte Jahreszeit beziehen.
Wichtig ist auch zu beachten, dass Silben im Japanischen anders sind als im Deutschen. In Japan werden diese „Mora” genannt und haben eine ganz andere Länge als die Silben, die wir benutzen.
Deutsche Autoren nutzen deswegen meistens 10 bis 14 Silben für ein Haiku, was dann dem traditionellen japanischen Kurzgedicht ähnelt.
Haikus lesen
Um dir ein Bild von der Form, Symbolik und den Inhalten des Haikus zu machen, kannst du dir vor dem Schreiben einige Haiku Gedichte durchlesen. Versuche, den tieferen Sinn zu deuten und dich mit der Symbolik vertraut zu machen.
Natürlich kannst du in deinem eigenen Haiku auch über andere Themen schreiben und deiner Kreativität freien Lauf lassen. Bei deinen ersten Schreibversuchen kann es aber hilfreich sein, sich an den traditionellen Haikus zu orientieren.
Inspiration aus der Natur
Die meisten traditionellen Haikus legen den Fokus auf das Thema Natur. Falls dir also Inspiration für ein geeignetes Thema fehlt, kannst du in der Natur neue Eindrücke sammeln. Mache zum Beispiel eine Wanderung oder setze dich in den Garten und lausche den Umgebungsgeräuschen.
Nimm dir Zeit, um alle Details wahrzunehmen und fokussiere dich dabei auf die in dir ausgelösten Gefühle. In vielen Haikus wird ein unscheinbares Ereignis detailreich beschrieben, wie beispielsweise der Sprung eines Frosches in einen Teich.
Nimm die Eindrücke mit allen Sinnen wahr. Konzentriere dich dabei nicht nur darauf, wie deine Umgebung aussieht, sondern auch darauf, wie sie riecht und sich anfühlt.
Form beachten
Nun geht es ans Schreiben! Eine zentrale Rolle nimmt dabei die Struktur des Gedichts ein — sie sorgt dafür, dass dein Gedicht als Haiku erkannt wird.
Natürlich kannst du die traditionelle Form nicht eins zu eins ins Deutsche kopieren. Dennoch solltest du dein Bestmögliches geben, um dein Kurzgedicht als Haiku erkennbar zu machen. Das bedeutet: Schreibe es dreizeilig und mache die mittlere Zeile etwas länger als die beiden anderen.
Denke auch daran, das Kurzgedicht im Präsens zu schreiben. Dein Haiku sollte sich so anhören, als würdest du den beschriebenen Augenblick in diesem Moment beobachten und wiedergeben. So kann der Leser sich besser hineinversetzen und mit seinen eigenen Erfahrungen verknüpfen.
Vor allem, wenn du dich an die traditionelle Struktur von Haikus hältst, solltest du in dein Werk auch ein kigo integrieren. Ein kigo ist ein einzelnes Wort, welches einen Bezug zu einer Jahreszeit herstellt. Der Wechsel der Jahreszeiten ist in Japan ein wichtiger Bestandteil des Lebens und der Kultur. Daher ist es auch ein wichtiges Element der japanischen Lyrik.
Beispiele hierfür sind die Kirschblüte für den Frühling, Sonnenstrahlen für den Sommer, rotes Herbstlaub für den Herbst oder Schnee für den Winter. In einem modernen Haiku könntest du auch einen Ventilator als sommerliches kigo nutzen.
Bildhaft formulieren
Danach kannst du deiner Kreativität freien Lauf lassen! Achte dabei darauf, dein Haiku sehr bildhaft zu formulieren. Dadurch lässt du viel Interpretationsfreiraum und kannst deinem Gedicht eine tieferliegende Bedeutung geben.
Auf den ersten Blick scheinen die Kurzgedichte nur bestimmte Naturphänomene zu beschreiben. Bei näherer Analyse kann dahinter jedoch ein tiefgründiges Thema entdeckt werden. Bestimmte Natursymbole stehen dann für gewisse religiöse und gesellschaftliche Themen.
Gerade die letzte Zeile deines Haikus ist wichtig. Mit ihr kannst du eine humorvolle Wendung in dein Gedicht bringen, eine Überraschung oder vielleicht auch erst die Auflösung, worum es in den Zeilen davor überhaupt geht. Damit kannst du auch Raum für Analysen schaffen.
Moderne Haikus weichen oft von den ursprünglichen Themen und sogar der Form ab. Du kannst also in deine Haikus auch persönliche Probleme und Interessen einbringen. Der Leser hat dabei viel Interpretationsspielraum, weil das Haiku Gedicht auch auf nur drei Verse beschränkt ist
Haiku Gedicht — Beispiel
Hier siehst du einige Beispiele von berühmten Haikus:
Ein uralter Teich
ein Frosch springt hinein
das Spritzen von Wasser.
(Matsuo Bashō)
Komm, lass uns gehen
Schnee schauen, Sake trinken
Taumeln wie Flocken
(Matsuo Bashō)
Der Schwammkürbis blüht,
und ich werde zu Buddha,
dem der Auswurf den Atem nahm.
(Masaoka Shiki)
Kleine Motten taumeln schaudernd quer aus dem Buchs;
sie sterben heute abend und werden nie wissen,
daß es nicht Frühling war.
(Rainer Maria Rilke)
Wie entstand das Haiku?
Die Wurzeln des Haikus finden sich in der klassischen japanischen Literatur. Es entstand als Eröffnungsteil des klassischen japanischen Kettengedichts Renga, damals noch unter dem Namen Hokku.
Im 17. Jahrhundert begann der Dichter Matsuo Bashō, das Hokku als eigenständige Kunstform zu schreiben. Er gilt als einer der größten Haiku-Dichter. Unter seinem Einfluss wurde das Hokku immer unabhängiger vom Renga und wurde zu einem Einzelgedicht.
Meister wie Yosa Buson und Kobayashi Issa verfeinerten und entwickelten Form und Thema des Kurzgedichts weiter. Im 19. Jahrhundert bekam das Haiku dann seinen Namen von Masaoka Shiki.
Während des letzten Jahrhunderts wurde das Haiku international bekannt. Dichter aus der ganzen Welt nahmen die kompakte Form des Haiku Gedicht und adaptiert sie in ihrer Sprache.
Elfchen
Es gibt auch noch andere sehr kurze Gedichte, wie zum Beispiel das Elfchen. Was du beim Schreiben davon alles beachten musst, erfährst du hier!