Komma vor „oder“
Kommt ein Komma vor „oder“? In diesem Beitrag und Video erklären wir dir, wann du das Satzzeichen bei diesem Wörtchen setzen musst.
Inhaltsübersicht
Wann setzt du ein Komma vor „oder“?
In den meisten Fällen wird vor „oder“ kein Komma gesetzt. Ein Komma kann aber durch den Satzbau notwendig werden, wenn Nebensätze oder andere Satzglieder vor dem „oder“ stehen.
Normalfall | Ausnahme |
Kein Komma vor „oder“: Aufzählungen: Nebensätze verbinden: Infinitivgruppen verbinden: Sätze verbinden: |
Komma vor „oder“: Eingeschobene Nebensätze: Eingeschobene Infinitivgruppen: Appositionen: Nachfragen: |
Wann du kein Komma vor „oder“ setzt
Vor dem Bindewort „oder“ wird kein Komma gesetzt, wenn es gleichartige Satzteile aufzählt oder verbindet. „Gleichartig“ bedeutet, dass sie inhaltlich zusammengehören — sie haben also eine ähnliche Bedeutung.
Solche Satzteile können sein:
- Wörter oder Wortgruppen
- Nebensätze
- Infinitivgruppen
- Sätze
Aufzählung von Wörtern
Bei Aufzählungen wird vor „oder“ kein Komma gesetzt, weil es ein Bindewort ist. Es verbindet nur die letzten beiden Wörter der Aufzählung miteinander — ganz ähnlich wie das Wort „und“.
➡️ Beispiel: Ich möchte einen Apfel, eine Birne oder eine Banane. |
Selbst wenn die einzelnen Elemente ganze Wortgruppen sind, bleibt das Prinzip gleich:
➡️ Beispiel: Wir können die Route durch den Park, entlang des Flusses oder über die Brücke nehmen. |
Nebensätze verbinden
Beim Verbinden von Nebensätzen wird vor „oder“ ebenfalls kein Komma gesetzt. Wichtig ist aber, dass beide zum selben Hauptsatz gehören. Ein Komma wird nur benötigt, um den Hauptsatz von den Nebensätzen zu trennen. Zwischen den Nebensätzen selbst brauchst du es aber nicht.
➡️ Beispiel: Ich gehe ins Kino, wenn der Film gut ist oder wenn meine Freunde mitkommen. |
Hier sind „wenn der Film gut ist“ und „wenn meine Freunde mitkommen“ beide Nebensätze, die durch „oder“ verbunden werden können. Denn beide geben einen Grund an, ins Kino zu gehen — sie gehören also zum selben Hauptsatz.
Übrigens: Nebensätze erkennst du daran, dass sie meist mit einer Konjunktion wie „ob“, „weil“, „dass“ oder „wenn“ eingeleitet werden.
Auch Nebensätze mit unterschiedlichen einleitenden Wörtern kannst du durch „oder“ miteinander verbinden.
Zum Beispiel: „Ich weiß nicht, ob er noch arbeitet oder warum er nicht ans Telefon geht.“
Wichtig ist nur, dass sich beide Nebensätze auf denselben Hauptsatz beziehen.
Infinitivgruppen verbinden
Infinitivgruppen sind Wortgruppen, die ein Verb im Infinitiv und das Wort „zu“ enthalten. Auch beim Verbinden solcher Infinitivgruppen mit „oder“ wird kein Komma davor gesetzt.
➡️ Beispiel: Sie hat beschlossen, heute die Aufgaben zu erledigen oder morgen früh damit zu beginnen. |
In dem Beispiel drücken „heute die Aufgaben zu erledigen“ und „morgen früh damit zu beginnen“ zwei mögliche Alternativen aus — damit gehören sie zum selben Hauptsatz. Wie bei den Nebensätzen brauchst du hier nur ein Komma, um die Infinitivgruppen vom Hauptsatz abzutrennen.
Sätze verbinden
Du kannst zwei Sätze durch ein „oder“ verbinden, wenn sich beide Sätze auf dasselbe Subjekt beziehen. Ein Komma vor „oder“ ist nicht notwendig.
➡️ Beispiel: Du kannst dich jetzt entscheiden oder später noch einmal darüber nachdenken. |
Hier beziehen sich beide Sätze auf das Subjekt „du“. Daher wird kein Komma vor „oder“ gesetzt.
Auch bei Entweder-oder-Aussagen brauchst du kein Komma vor dem „oder“:
➡️ Beispiel: Entweder du machst deine Hausaufgaben oder du darfst nicht fernsehen. |
Wann du ein Komma vor „oder“ setzt
Es gibt vier Ausnahmen, bei denen ein Komma vor „oder“ gesetzt wird. Das ist der Fall, wenn vor dem „oder“ in einem Satz zusätzliche Informationen eingeschoben werden. Das können sein:
- Eingeschobene Nebensätze
- Eingeschobene Infinitivgruppen
- Appositionen
- Nachfragen
Eingeschobene Nebensätze
Vor „oder“ wird ein Komma gesetzt, wenn davor ein Nebensatz eingeschoben wird.
➡️ Beispiel: Ich werde ins Museum gehen, wenn ich Zeit habe, oder ein Buch lesen. |
Der eingeschobene Nebensatz „wenn ich Zeit habe“ unterbricht den Hauptsatz. Daher muss er durch Kommas vom Rest des Satzes abgegrenzt werden — so entsteht das Komma vor „oder“. Ohne den Nebensatz bräuchte es kein Komma: „Ich werde ins Museum gehen oder ein Buch lesen.“
Ein Nebensatz kann auch nach dem „oder“ in einem Satz eingeschoben werden.
➡️ Beispiel: Ich möchte heute Abend entweder ein gutes Buch lesen oder, wenn mir danach ist, einen Film schauen. |
Hier kommt durch den eingeschobenen Nebensatz ein Komma nach „oder“.
Eingeschobene Infinitivgruppe
Ähnlich wie bei Nebensätzen müssen auch eingeschobene Infinitivgruppen durch Kommas vom restlichen Satz abgesetzt werden. Dadurch entsteht ein Komma vor „oder“.
➡️ Beispiel: Ich könnte jetzt noch eine Runde joggen gehen, um fit zu bleiben, oder mich einfach aufs Sofa legen. |
In diesem Beispiel unterbricht die Infinitivgruppe „um fit zu bleiben“ den Satz. Sie gibt den Grund für das Joggen an und wird daher durch Kommas abgesetzt.
Appositionen
Eine Apposition, auch Einschub genannt, ist eine zusätzliche Information, die ein zuvor genanntes Wort näher beschreibt. Wird sie in einen Satz mit „oder“ eingeschoben, muss ebenfalls ein Komma vor „oder“ gesetzt werden.
➡️ Beispiel: Der Film, langweilig und vorhersehbar, oder die Serie, total übertrieben, haben mich nicht überzeugt. |
Hier sind „langweilig und vorhersehbar“ und „total übertrieben“ zwei Appositionen. Sie geben dir mehr Informationen zu den zuvor genannten Wörtern „Film“ und „Serie“. Das Komma vor „oder“ entsteht auch hier nur durch den Satzbau.
Das Komma macht deutlich, dass die Apposition eine zusätzliche Information darstellt und nicht zum direkten Bestandteil des Hauptsatzes gehört. Ohne das Komma können leicht Missverständnisse entstehen. Zum Beispiel:
- Anna, meine Nachbarin, oder Paul gehen mit mir Einkaufen.
- Anna, meine Nachbarin oder Paul gehen mit mir Einkaufen.
Im ersten Satz ist „meine Nachbarin“ eine Beschreibung zu „Anna“. Doch im zweiten Satz wirkt es, als würden drei verschiedene Personen mit einkaufen gehen.
Nachfragen
Steht am Ende eines Satzes die Nachfrage „oder?“, muss ein Komma davor gesetzt werden.
➡️ Beispiel: Wir gehen ins Kino, oder? |
Durch das „oder“ fragst du nach, ob die andere Person einverstanden ist.
Wann du ein Komma vor „oder“ setzen kannst
Es gibt noch Sonderfälle, in denen du ein Komma vor „oder“ freiwillig setzen kannst. Dazu gehören:
- Verbinden von Hauptsätzen
- Verbinden von Hauptsätzen mit einem Nebensatz oder einer Infinitivgruppe
Verbinden von Hauptsätzen
Wenn zwei Hauptsätze durch „oder“ verbunden werden, kann ein Komma vor „oder“ gesetzt werden, um die beiden Sätze deutlicher voneinander abzugrenzen. Das ist besonders dann sinnvoll, wenn die Sätze lang oder komplex sind.
➡️ Beispiel: Ich werde morgen entweder den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen und an dem Bericht für den neuen Kunden arbeiten[,] oder ich werde mich in ein gemütliches Café setzen und versuchen, die kreativen Blockaden zu überwinden. |
Tipp: Hauptsätze erkennst du daran, dass sie auch alleine stehen können.
Verbinden von Hauptsätzen mit Nebensatz / Infinitivgruppe
Dieser Fall tritt ein, wenn ein Nebensatz oder eine Infinitivgruppe mit „oder“ beginnt und zwischen zwei Hauptsätzen steht. Außerdem muss sich der Nebensatz auf den zweiten Hauptsatz beziehen. Ob du hier ein Komma vor „oder“ setzt oder nicht, ist deine Entscheidung.
➡️ Beispiel mit Nebensatz: Du kannst mit uns essen[,] oder wenn du lieber alleine sein möchtest, bleibst du zu Hause. |
Der Nebensatz „wenn du lieber alleine sein möchtest“ bezieht sich inhaltlich auf den zweiten Hauptsatz und nicht direkt auf den ersten. Daher musst du nach dem ersten nicht unbedingt ein Komma vor „oder“ setzen.
➡️ Beispiel mit Infinitivgruppe: Wir können die Analyse heute abschließen[,] oder um genauer zu arbeiten, planen wir einen weiteren Tag ein. |
Auch hier gehört die Infinitivgruppe zum zweiten Hauptsatz, weshalb das Komma zum ersten Hauptsatz freiwillig ist.
Komma vor „oder“ — Zusammenfassung
Alle Regeln zur Kommasetzung vor „oder“ findest du hier nochmal zusammengefasst:
Komma vor „oder“ — häufigste Fragen
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Wird ein Komma vor „oder“ gesetzt? Vor Konjunktionen wie „oder“ wird in der Regel wird kein Komma gesetzt, da es gleichrangige Satzteile verbindet. Ein Komma ist jedoch notwendig, wenn vor „oder“ ein Nebensatz, eine Infinitivgruppe oder ein Einschub steht, um sie klar voneinander abzugrenzen. -
Wird ein Komma nach „oder“ gesetzt? Vor „oder“ kannst du ein Komma setzen, wenn zwei Hauptsätze aneinander stehen und du ihre Gliederung verdeutlichen möchtest. Außerdem ist ein Komma möglich, wenn nach dem „oder“ ein anschließender Nebensatz folgt, der durch eine weitere Konjunktion eingeleitet wird. -
Kommt ein Komma bei Konjunktionen? Vor einfache Konjunktionen wie „und“, „oder“ und „sowie“ wird kein Komma gesetzt. Nur wenn davor ein Nebensatz oder andere Satzteile eingeschoben werden, muss ein Komma gesetzt werden.
Komma vor „wie“
Super! Jetzt weißt du, wann ein Komma vor „oder“ kommt und wann nicht. Aber wie sieht es mit dem Komma vor „wie“ aus? Das erfährst du hier!